Der Fall des vergifteten Käses
Es war ein trüber Dienstagmorgen in Verden, als Kommissar Eric Haydn von der Polizeiinspektion Verden ein unerwartetes Mordopfer vor die Füße fiel. Der prominente Gastronom Klaus Richter, bekannt für sein feines Restaurant „Zur goldenen Gabel“ in der Innenstadt, war tot – und das auf eine äußerst ungewöhnliche Weise. Der erste Verdacht: Vergiftung.
Richter war am Vorabend eines gehobenen Dinners zusammengebrochen, während er mit einer Gruppe von Freunden und Geschäftspartnern in seinem Restaurant saß. Der Arzt, der schnell zur Hilfe kam, konnte nur noch den Tod feststellen. Doch es gab keine offensichtlichen Spuren von Gewalt. Keine Schnittwunden, keine Schüsse. Ein mysteriöser Tod – und das, was als harmloses Abendessen begann, entwickelte sich schnell zu einem grausamen Verbrechen.
Kommissar Haydn betrat die „Zur goldenen Gabel“-Küche, um nach Hinweisen zu suchen. Die Küche war mit modernen Geräten ausgestattet, und der Duft von frisch zubereiteten Gerichten lag in der Luft. Die Köche wirkten nervös. „Es war der Käse“, flüsterte der Sous-Chef, als er Haydn auf den Tisch deutete. „Er hatte den Roquefort als Spezialität des Abends bestellt.“
„Der Käse?“ Haydn hob eine Augenbraue. „Roquefort?“
„Ja, er liebte diesen Käse“, erklärte der Sous-Chef. „Jeder wusste, dass er ein Fan von Roquefort war. Aber der Käse war besonders reif, fast schon überreif. Wir haben ihn von einem lokalen Anbieter bekommen, der nicht immer die besten Lieferungen macht. Ich weiß nicht, was er darüber dachte, aber der Käse war... ungewöhnlich.“
Haydn zog sich zurück, um sich das Roquefort genauer anzusehen. Der Käse war teils schimmelig, teils bläulich verfärbt, was bei Roquefort nicht ungewöhnlich war. Doch bei näherem Hinsehen stellte Haydn fest, dass es sich nicht nur um den üblichen Edelschimmel handelte. Etwas war nicht in Ordnung.
„Konnte jemand aus dem Restaurant diese Vergiftung absichtlich herbeigeführt haben?“, fragte Haydn sich laut. Und plötzlich kam ihm ein Gedanke: Roquefort war auch sein eigener Lieblingskäse. Halb französischer Abstammung, war er mit der kräftigen, würzigen Note dieses Käses aufgewachsen. Und hier stand er nun, vor einem Käse, der offensichtlich einen Mord begangen hatte.
„Das ist ja ironisch“, murmelte Haydn. Doch er wusste, dass er sich nicht von persönlichen Vorlieben ablenken lassen durfte.
Er bat die forensische Abteilung, den Käse gründlich zu testen. Schnell wurde klar, dass er mit einem giftigen Stoff versetzt worden war – einem hochpotenten Nervengift, das in winzigen Mengen tödlich war.
Die Ermittlungen konzentrierten sich nun auf die Gäste des Abends. Haydn erfuhr, dass Richter nicht nur in der Gastronomie tätig war, sondern auch ein angesehener Geschäftsmann, der häufig Geschäftsessen veranstaltete. Einer seiner Gäste, eine Frau namens Nora Langenfeld, hatte an dem Abend eng mit ihm zusammengearbeitet. Nora war eine elegante, selbstbewusste Frau mittleren Alters, die in der Weinbranche tätig war und sich einen Namen als Influencerin in der gehobenen Gastronomie gemacht hatte.
Haydn entschloss sich, sie genauer zu befragen. „Frau Langenfeld, können Sie mir sagen, ob Sie noch andere Käsesorten gegessen haben außer dem Roquefort?“, fragte Haydn direkt.
„Ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen“, antwortete sie schroff. „Ich habe keine Verbindungen zu dieser vergifteten Käsesorte. Wenn er sterben musste, dann war das nicht mein Plan.“
„Tatsächlich?“, erwiderte Haydn ruhig. „Wir haben festgestellt, dass das Gift, das im Käse gefunden wurde, eine spezifische chemische Zusammensetzung hat. Es wird in der Weinanbauindustrie verwendet, um schädliche Pilze zu bekämpfen.“
Nora starrte ihn an. Sie wusste, dass sie erwischt worden war.
„Er hat mir mein Geschäft ruinieren wollen“, gestand sie schließlich, ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „Klaus wollte mich aus dem Weingeschäft drängen, nachdem er das Restaurant übernommen hatte. Er wollte, dass ich ihm mein Weinlager verkaufte – zu einem Spottpreis. Aber ich wusste, dass mein Sortiment viel mehr wert war. Ich habe ihm eine Lektion erteilt.“
Haydn wusste nun, dass sie ihm die ganze Wahrheit sagte. Nora hatte das Gift heimlich in den Roquefort gemischt. Es war ein riskantes Vorgehen, aber sie wusste, dass Klaus den Käse mit anderen Gästen teilen würde. Ihr Plan war gewesen, Klaus zu schwächen, nicht sofort zu töten. Doch die Dosis war zu hoch und zu schnell wirksam gewesen.
„Sie haben ihn ermordet, weil er Ihnen Ihr Geschäft nehmen wollte“, sagte Haydn. „Und nun haben Sie für Ihren Verrat einen hohen Preis gezahlt.“
Nora schüttelte den Kopf, als ob sie selbst von ihren eigenen Taten erschüttert war. „Ich wollte nicht, dass er stirbt. Aber ich wollte ihn auch nicht verlieren.“
Der Fall war gelöst, und Nora Langenfeld wurde verhaftet. Eric Haydn hatte einmal mehr gezeigt, dass auch in der schönen Stadt Verden dunkle Geheimnisse lauern konnten. Manchmal konnte ein scheinbar harmloser Genuss wie ein Stück Roquefort das Tor zu einem tödlichen Verbrechen öffnen – und selbst der Lieblingskäse eines halbfranzösischen Ermittlers konnte zur unerwarteten Waffe werden.